Das Interview mit einem Bodyguard



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Das Interview mit einem Bodyguard


Alex ist sein Spitzname, in Wirklichkeit heißt er allerdings ganz anders. Er ist von Beruf Bodyguard. Alex ist Mitte Dreißig, übt diesen Beruf seit über einem Jahrzehnt aus - und das sehr erfolgreich. Hier das Interview mit Alex:

Alex, wie bist Du zu diesem außergewöhnlichen Beruf eigentlich gekommen?

Die Faszination für den Beruf des Bodyguards war schon immer unterschwellig da und begleitete mich schon lange. Eines Tages wurde aus diesem Gedanken ein Entschluss – ich wollte Personenschützer werden. Ich wusste, wenn ich das nicht zumindest versuchen würde, dann würde mich das ein Leben lang verfolgen,  es nicht probiert zu haben.
Natürlich hatte ich zu dem Zeitpunkt ein vom Fernsehen und den Internetmedien geprägtes Bild vom Beruf des Personenschützers. Wie sich später herausstellen sollte, ein sehr falsches Bild. Hätte ich damals schon gewusst, wie es tatsächlich in diesem Beruf läuft, hätte ich schon viel früher diesen Beruf ergriffen. Damals hatte ich keine wirkliche Vorstellung davon, wie vielschichtig, herausfordernd und absolut faszinierend dieser Beruf ist.

Und wie hat dann alles begonnen?

Der Anfang war etwas schwer und von einigen Irrwegen geprägt. Das war damals etwas ernüchternd. Anfänglich hatte ich versucht mit einzelnen Ausbildungen meine Qualifikation für diesen Beruf zu erlangen. Verschiedene Nahkampfausbildungen, unterschiedliche Schießtrainings, einsatztaktisches Training bei verschiedenen angeblichen Gurus der Szene… Schlussendlich hatte ich eine Sammlung an unterschiedlichen Einzel-Skills, die allerdings kein Ganzes ergaben und teilweise sich sogar widersprachen. Zu unterschiedlich waren die Trainer, mit ihrem unterschiedlichen Background und unterschiedlichen Zugang zu der Materie. Ich hatte damals nicht das Gefühl etwas in der Hand zu haben, mit dem ich professionell arbeiten könnte.

Wie ist es dann weiter gegangen?

Im Zuge der Recherche bin ich auf eine Firma gestoßen, die sich auf Sicherheitsausbildungen spezialisiert hat. Das war mein Glücksgriff. Nach der Fachausbildung bei dieser Firma hatte ich endlich das in der Hand, was ich brauchte, denn im Rahmen der umfangreichen Ausbildung zum Personenschützer wurden nicht nur die einzelnen Fachbereiche geschult, sondern auch zu einer Gesamtfertigkeit zusammengeführt. Denn es genügt nicht in verschiedensten Bereichen gut zu sein, diese müssen ineinander greifen wie die Zahnräder einer Uhr – sonst funktioniert das Ganze nicht. Nach der Ausbildung kam die Zeit der Prüfungsvorbereitung - die hatte es in sich! Doch die vielen Mühen lohnten sich, denn ich schaffte die umfassende Prüfung vor der Prüfungskommission auf Anhieb. Die Freude war groß und ich hatte auch eine Zertifizierung in der Hand, womit ich meine Fertigkeiten nachweisen konnte, was mir schon sehr viele Türen geöffnet hat.

Wie sieht eigentlich dein Tagesablauf aus?

In der Regel mit einem guten Frühstück! (lacht) Danach trainiere ich für gewöhnlich… Wie es dann weiter geht, hängt vom jeweiligen Auftrag ab – welche Schutzperson ich gerade betreue. Nach dessen Tagesablauf richtet sich auch meiner. Mal begleite ich sie nur ein paar Stunden zu bestimmten Locations, mal bin ich mit der VIP mehrere Tage oder sogar Wochen auf Reisen im In- und Ausland. Dabei sind wir vollkommen in den Alltag der Person, die wir schützen, integriert. Da läuft im Hintergrund immer sehr viel ab, was man so gar nicht sieht. Etwa die Organisation von Reisen, die Routenwahl, wenn man mit dem PKW unterwegs ist oder auch das Ausarbeiten der Schutzkonzepte für die nächsten Tage.

Und wen beschützt du so?

Über die Personen, die ich schütze und geschützt habe, möchte ich nicht viel sagen. Bloß eine Sache, um ein vorherrschendes Klischee zu entkräften: Wir beschützen nicht nur Personen, die im Rampenlicht stehen. Prominente und Politiker sind naturgemäß mit dabei, aber eben nicht nur! Oft erhalten auch die Familienangehörigen Personenschutz. Oder auch Personen, gegen die Mord- und Gewaltdrohungen vorliegen oder die gestalkt werden.

Was macht einen guten Bodyguard aus?

In meinem Beruf als Bodyguard dreht sich alles um vorausschauendes Handeln. Es geht nicht darum, ein Draufgänger mit Sixpack zu sein. Vielmehr geht es darum, perfekt vorbereitet zu sein, ein gutes Schutzkonzept erarbeitet zu haben, das wirkt, es ist wichtig Situationen schnell und richtig einzuschätzen. Im Personenschutz, ist überaus wichtig, auch unter Hochstress die Ruhe zu bewahren und gut überlegte Handlungen zu setzen. Wenn alle anderen den Kopf verlieren, sind wir der Felsen in der Brandung. Angeberei, Selbstverliebtheit und offenes zur Schau stellen seines Berufes zeichnen eher die Amateure unseres Berufes aus. Ein Profi ist eher unscheinbar, unauffällig und nur dann präsent, wenn es die Situation erfordert – aber dann mit aller Härte.

Was macht den Reiz dieses Berufes für dich aus?

Personenschutz ist mein persönlicher Traumberuf. Ich konnte mir niemals vorstellen in einem Büro zu sitzen und meine Arbeitszeit vor einem Bildschirm abzusitzen. Oder irgendwo monoton jeden Tag dieselben Tätigkeiten durchführen. Ich wollte schon immer einen Beruf, der etwas abseits der Norm liegt, einen etwas außergewöhnlichen Job, einen Job, in dem man etwas bewirkt – in meinem Fall gibt man Schutz. Und das war schon immer in meiner Persönlichkeit verankert – zu schützen… Da zu sein für Menschen, die sich selbst nicht schützen können, einen kühlen Kopf zu bewahren. Mit fachlichem Können und mentaler Stärke Menschen aus gefährlichen Situationen unbeschadet herausführen. Personenschützer zu sein ist für mich mehr als ein Beruf - das bin ich als Mensch! In der Früh wache ich als Personenschützer auf, am Abend gehe ich als Personenschützer zu Bett. Personenschützer zu sein ist kein Beruf, den man mit Beginn der Arbeitszeit einschaltet und bei Dienstschluss wieder ausknipst – Bodyguard zu sein ist eine Lebenseinstellung, ein Teil meiner Persönlichkeit.

Ist der Beruf des Personenschützers nicht auch überaus anstrengend?

Und natürlich gibt es Tage, die nicht so lustig sind. Etwa lange Wartezeiten oder Dienste weit in die Nacht hinein. Natürlich ist der Job auch mal anstrengend. Mental, aber auch körperlich. Doch das ist auch ein Vorteil. Der Job hält dich fit. Sich gehen lassen, geht nicht. Der Job fordert viel, gibt aber auch viel. Jeder einzelne Tag ist mit Nervenkitzel und Adrenalin verbunden. Außerdem sehr abwechslungsreich. Man kommt viel herum, lernt sehr interessante Personen kennen und kommt in Bereiche, wo ein durchschnittlicher Mensch niemals hinkommen würde. Der Job gibt in seiner Gesamtheit viel mehr als er nimmt.

Wie gefährlich ist Dein Job?

Ich denke, mein Job als Personenschützer ist nicht gefährlicher als viele andere Jobs. Teilweise sogar gegenteilig, weil ich ja immer mit einem Ernstfall rechne und darauf vorbereitet bin. Das läuft dauernd latent im Kopf mit. Was wenn jetzt ein Angriff kommt und ebenso läuft mein Notfallplan latent mit – was ich mache, wenn jetzt der Extremfall eintritt. Zudem trainiere ich für diese Ereignisse. Diese habe ich diese im Zuge von Ausbildungen und Trainings durchlebt und gemeistert – wenngleich natürlich die Realität immer ein Stückchen anders ist. Für den Ernstfall üben wir regelmäßig und das gibt Sicherheit. Natürlich ist es auch die Konzentration, die ausschlaggebend ist. Das ständige Beobachten und Beurteilen des Umfeldes. Wenn wir aufmerksam arbeiten und die Vorarbeit passt, sprich das Schutzkonzept, dann entstehen Gefahrensituationen erst gar nicht oder wir erkennen sie rechtzeitig, sodass wir darauf angemessen reagieren können.

Welche Eigenschaften braucht ein Personenschützer?

Er muss eine Kreuzung aus Superman und James Bond sein! (lacht) Nein, im Ernst jetzt. Ein Personenschützer sollte geistig und körperlich fit sein. Gut unter Stress arbeiten können, teamfähig sein und eine gewisse soziale Kompetenz mit sich bringen. Mehr ist es nicht. Den Rest macht die Ausbildung und das regelmäßige Training aus.

Personenschutz in den Medien – entspricht das der Realität?

Das, was in den Medien gezeigt wird, ist natürlich immer stark überzeichnet. Da gibt es wilde Verfolgungsjagden, heftige Schießereien und große Explosionen. Das ist natürlich alles Show für den Zuschauer, der unterhalten werden möchte. In unserem Job geht es darum, dass gerade diese Sachen gar nicht erst vorkommen. Aber zu zeigen, wie der Personenschützer tagelang über einem Schutzkonzept brütet, damit kann man natürlich keine Zuseher unterhalten.

Wie verdient man als Personenschützer?

Das kommt immer darauf an, wo man und für wen man arbeitet. Im vorigen Jahr kam ich auf etwa 8.000 Euro pro Monat vor Steuern und zu besonderen Anlässen gab es noch einige nette Bonizahlungen.

Welche Fragen werden bei Partys immer wieder gestellt?

Verhältnismäßig wenig, denn Fremden und bei Partys erzähle ich immer, dass ich einen ganz anderen Job habe – einen Alltagsjob. Die meisten haben ja ein Bild von einem Personenschützer, das sich auf die Darstellung in den Medien gründet. Und dementsprechend sind die Fragen. Welche Waffen man trägt, ob man schon auf jemanden geschossen hat, wen man gerade beschützt. Teilweise unterliegen diese Informationen der Schweigepflicht und teilweise wäre es unseriös darauf zu antworten, weil eben ein falsches Bild von unserem Beruf entsteht. Natürlich nervt es teilweise sehr, dass man auch im engsten Freundeskreis und gegenüber der Lebenspartnerin das Privatleben vom beruflichen Leben rigoros trennen muss und man keine Details nennen darf. Anfänglich war das für meine Lebensgefährtin etwas hart nicht zu wissen wo ich bin und mit wem. Aber mittlerweile funktioniert das ganz gut.

Wie stellst Du Dir Deine berufliche Zukunft vor?

Ich möchte diesen Beruf noch lange machen. Sehr lange. Denn er erfüllt mich und ich kann mir keinen anderen Beruf für mich vorstellen. Wenn mal dann das Alter gekommen ist, wo man den Jungen den Vortritt lassen sollte, möchte ich in beratender Tätigkeit weiter im Personenschutz bleiben. Personenschutz ist nun mal mein Leben.

Alex, vielen Dank für das Gespräch!

Bitte, sehr gerne!